"Angebliche" Kindesentführung nach Deutschland
Brüssel 8.8.2005 Mit ihrem Hungerstreik und Kundgebungen macht eine belgische Mutter auf ihren Fall aufmerksam. Seit fast 2 Jahren versucht sie ihre Tochter, die vom deutschen Vater angeblich entführte wurde zurück zubekommen. Am Samstag kündigte Sabine Vander Elst (39 Jahre) an, bis zum Montag in einem Wohnwagen vor der deutschen Botschaft in Brüssel zu demonstrieren. |
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Bei der Scheidung vor fünf Jahren hat sie das alleinige Sorgerecht für Maeliss zugestanden bekommen. Damit die notwendigen Kontakte zum notwendigen Ministerium nicht belastet würden, riet ihr ein Anwalt von der ursprünglich geplanten Kundgebung im Wohnwagen vor dem belgischen Außenministerium ab. Seit acht Tagen befindet sich die Frau aus Sint-Agatha-Berchem, die ihren Wohnsitz in der Schweiz hat, in Brüssel in Hungerstreik.
Ein Sprecher der deutschen Botschaft wies Darstellungen zurück, der Mutter sei gestern ein Plakat mit Fotos und Zeitungsausschnitten von einem Botschaftsangestellten weggenommen worden. »Es ist kein Plakat weggenommen worden«, sagte der Sprecher. Die Frau habe nicht in die Botschaft kommen wollen. Sie verließ noch am Vormittag mit dem Wohnwagen die Straße vor der Botschaft.
Vergangene Woche bereits war Sabine Vander Elst vom belgischen Außenministerium empfangen worden. Gestern fanden weitere Treffen mit Vertretern des Außen- und des Justizministeriums statt. Heute folgt ein Gespräch mit Senatspräsidentin Anne-Marie Lizin. Die Mutter, die von den belgischen Behörden fordert, dass sie Deutschland wegen Nichteinhaltens der Haager Konvention anzeigt, glaubt nicht an einen Ausweg. »Das Problem besteht schon seit 20 Jahren, und niemand scheint dies zu stören«, sagte sie nach den gestrigen Unterredungen. Sie will den Kampf jedoch nicht aufgeben und ihren Hungerstreik fortsetzen.
Seit ihrer in Portugal ausgesprochenen Scheidung vom deutschen Mann hat die 39-Jährige das alleinige Sorgerecht für ihre zehn Jahre alte Tochter Maeliss. Vor zwei Jahren ist das Mädchen im Urlaub beim Vater in Hessen gewesen und dann nicht mehr zurückgekehrt. Die deutsche Justiz berief sich in einem Entscheid von November 2004 auf eine Lücke in der internationalen Übereinkunft von Den Haag, die die Streitfälle bei Kindesentführungen durch Elternteile regelt, und verhalf dem faktischen Kindesentzug zu einer juristischen Grundlage.
Sabine Vander Elst ist nicht die einzige in Belgien in einer solchen Lage. Viele Kinder, Väter und Mütter sind von diesen Problemen betroffen. Auch in Ostbelgien gibt es Fälle von angeblicher Kindesentführung nach Deutschland.
Quelle: Verwaltung Neue Medien - GRENZ-ECHO – Eupen
Zum Hintergrund: Vor zwei Jahren machte das Mädchen bei ihrem Vater in Hessen Ferien. Die Mutter bat den Vater, das Kind noch etwas länger zu betreuen. Als sie jedoch im Dezember 2003 den Vater aufforderte, ihr das Kind zurück zu bringen, weigerte sich dieser. 2004 kam es zu einem ersten Urteilsspruch vor einem deutschen Gericht, das der Mutter Recht gab. Darauf hin ging der Vater des Kindes in Berufung. Im Februar 2005 gab das Oberlandesgericht Frankfurt schließlich dem Vater Recht. Dieser hat seit Juni 2005 das offizielle Sorgerecht des Mädchens.
Nach Aussagen der Mutter berief sich die deutsche Justiz bei ihrem Urteil auf eine Lücke im "Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung" vom 25. Oktober 1980 und verhalf damit dem faktischen Kindesentzug zu einer juristischen Grundlage.
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