Das im Jahre 1991 geborene Kind war durch eine im Jahre 1990 im Institut des beklagten Arztes in Essen durchgeführte künstliche Befruchtung gezeugt worden. Das Kind, nun 23 Jahre alt, hat vom behandelndem Arzt Auskunft über den Samenspender verlangt, um in Erfahrung zu bringen, wer ihr leiblicher Vater ist. Der Arzt hat die Auskunft mit der Begründung verweigert, er habe mit den seinerzeit beteiligten Personen vereinbart, dass der Samenspender anonym bleibe. Das Gericht sieht hier aber das Recht des Kindes auf Kenntnis um dessen Abstammung verletzt. |
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Das Recht des Kindes ist am höchsten
Das Recht des Kindes, dessen Abstammung zu erfahren, sei höher zu bewerten als das Recht des Samenspendesr an einer Geheimhaltung der Spenderdaten. Geheimhaltungsinteressen der Mutter und des gesetzlichen Vaters seien nicht zu berücksichtigen, weil sie mit der Auskunftserteilung an die Klägerin einverstanden seien.
Zum Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und zur Menschenwürde des Kindes gehöre ein autonomer Bereich privater Lebensgestaltung, in dem sie ihre Persönlichkeit entwickeln und wahren könne. Um ihre Persönlichkeit verstehen und entfalten zu können, müsse das Kind die für diese konstitutiven Faktoren kennen. Hierzu zähle auch die Abstammung.
Hinter diese fundamentale Rechtsposition müssten die Freiheit zur Berufsausübung auf Seiten des Arztes sowie sein Persönlichkeitsrecht und die Persönlichkeitsrechte der auf ihre Anonymität vertrauenden Spender zurücktreten. Die Persönlichkeitsrechte dieser seien nicht in ihren zentralen Bereichen betroffen.
Der Spender hat kein Recht auf annonymität
Der beklate Arzt und die annonymen Spender seien bereits deswegen weniger schutzbedürftig, weil sie die Folgen einer anonymen Samenspende im Vorhinein hätten berücksichtigen und sich auf die mit einem Auskunftsverlangen des gezeugten Kindes für sie verbundenen Folgen hätten einstellen können.
Für ein vorrangiges Recht des Kindes spreche zudem die nicht zur Disposition der Beteiligten stehende familienrechtliche Rechtslage. Nach dieser habe dem beklaten Arzt wie auch den annonymen Spendern bei der künstlichen Zeugung klar sein müssen, dass jedenfalls das gezeugte Kind die gesetzliche Vaterschaft zu einem späteren Zeitpunkt würde anfechten können und es dann ein Recht auf Feststellung der Vaterschaft des Samenspenders mit allen sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen haben würde. Unter diesen Aspekt, könnte ein Samenspender auch später Unterhaltspflichtig werden.
Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 06.02.2013 (I-14 U 7/12). Revision wurde nicht zugelassen.
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