Mit Vollendung des 18. Lebensjahres erlischt das elterliche Sorgerecht, d.h. beide Eltern sind ab sofort barunterhaltspflichtig und zwar bis zum Ende eines ersten berufsqualifizierenden Abschluss.
Das volljährige Kind muss also jetzt selbst für die Durchsetzung seiner Unterhaltsansprüche sorgen. Mag die Mutter das Unterhaltsgeld noch so dringend für den gemeinsamen Haushalt benötigen- ihr Konto bleibt leer, wenn Kind und Vater eine andere Zahlungsweise vereinbaren, z.B. auf das Konto des Kindes. |
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Auf der einen Seite gehen zwar Gesetz und die Unterhaltstabellen davon aus, dass mit dem 18. Lebensjahr die Bedürfnisse des jungen Menschen steigen, was sich insbesondere dann auswirkt, wenn der Jugendliche aus dem Haushalt der Eltern auszieht und einen eigenen Hausstand begründet. Auf der anderen Seite verschlechtert sich die finanzielle Situation des Jugendlichen unter Umständen.
Minderjährige Kinder sind ihm gegenüber privilegiert (Ausnahme priviligierte Volljährige), hat er eigenes, in der Regel durch Verwandte angespartes Vermögen, so hat er dieses Vermögen vorrangig zur Deckung seines Lebensbedarf einzusetzen, auch sittliches Fehlverhalten kann ihm nunmehr entgegengehalten werden.
Mit steigendem Alter wachsen auch die Anforderungen an das Kind, seinen Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise selbst zu decken.
Der Volljährige hat gegen seine Eltern prinzipiell den Anspruch, eine angemessene Ausbildung zu erhalten (§ 1610 Abs. 2 BGB).
Unterhaltshöhe
Der Unterhalt für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, richtet sich in der Regel nach der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle*. Der Bedarf des volljährigen Kindes bemisst sich, falls beide Eltern leistungsfähig sind, nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Eltern. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein nach seinem Einkommen ergibt.
Bei volljährigen Kindern die einen eigenen Hausstand haben, also nicht mehr zu Hause wohnen, wird der Bedarf in der Regel mit 735,- Euro pauschalesiert.
Auszubildender, im Haushalt mindestens eines Elternteils lebend.
Anrechnung der Ausbildungsvergütung abzüglich 90,- Euro für ausbildungs- bzw. berufsbedingte Aufwendungen(Fahrkosten, Bücher usw.)*. Eigenes Einkommen des volljährigen Kindes wird, bereinigt um eventuelle Aufwendungen, in vollem Umfang auf den Bedarf abgerechnet. Zu den Einkünften des Kindes gehören auch BAföG-Darlehen und Ausbildungsbeihilfen, hier aber ohne Berücksichtigung der 90,- Euro Aufwendungen. Abweichungen der einzelnen OLG`s sind zu berücksichtigen.
Unterhaltsbedarf eines volljährigen Kindes, Auszubildender/Schüler/Student, der nicht mehr bei seinen Eltern lebt beträgt 735,- Euro.
Das Kindergeld ist an Volljährige auszuzahlen und wird in voller Höhe auf den Bedarf angerechnet.
Sind volljährige Kinder verheiratet, so ist der vorrangig der Ehegatte unterhaltspflichtig.
In welcher Art und Weise der Unterhalt gewährt werden soll können Eltern, die Unterhalt gewähren bestimmen, kommt das volljährige Kind dieser Anordnung nicht nach, so verliert es zumindest teilweise seinen Unterhaltsanspruch. Z.B. ein volljähriges, unverheiratetes Kind noch in der Ausbildung, so können die Eltern bestimmen, dass das Kind bei ihnen wohnt, statt sich eine Mietwohnung zu nehmen. § 1612 Abs. 2 BGB
Dabei wird die Barunterhaltspflicht nicht hälftig, sondern anteilig nach Leistungsfähigkeit zwischen den Eltern verteilt. Da kein Betreuungsunterhalt mehr geleistet werden kann, ist beim volljährigen Kind die Barunterhaltspflicht auf beide Eltern zu verteilen.(§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB)
Vor der Ermittlung der Haftungsquoten der Eltern sind von deren Einkommen zunächst die für ihren eigenen Unterhalt erforderlichen Beträge (angemessener Selbstbehalt) abzuziehen. (BGH, FamRZ1986, 151 und 153)
Beispielrechnung 1:
19 jähriger Schüler, keine eigenen Einkünfte, lebt bei der Mutter
Nettoeinkommen beider Elternteile
Vater 2.150 Euro
Mutter 2.000 Euro
zusammen 4.150 Euro
nach der Düsseldorfer Tabelle wäre ein Unterhalt von 785,- Euro zu zahlen, abzüglich 190,- Euro Kindergeld = 595,- Euro.
Von dem Nettoeinkommen der Eltern der angemessene Selbstbehalt abziehen, der ist in der Regel
bei volljährigen Kindern 1.300 Euro ( je nach Leitlinien des zuständigem Oberlandesgericht).
Bei volljährigen Schülern, die in § 1603 II 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt sind, wird der Sockelbetrag bis zum notwendigen Selbstbehalt (880 €/ 1.080 €) herabgesetzt, wenn der Bedarf der Kinder andernfalls nicht gedeckt werden kann.
Vater 2.150 Euro - 1.080 Euro = 1.070 Euro
Mutter 2.000 Euro - 1.080 Euro = 920 Euro
zusammengerechnet ergibt sich 1.990 Euro.
Die Eltern haften also für den Unterhalt i.H.v. 595,- Euro
im Verhältnis Vater 1.070,-Euro zur Mutter 920,- Euro.
der Vater zahlt 1.070 : 1.990 x 595,- Euro = 320,- Euro,
die Mutter zahlt 920 : 1.990 x 595,- Euro = 275,- Euro.
Beispielrechnung 2:
20 Jahre Auszubildender, Ausbildungsvergütung 400,- Euro Netto, lebt bei der Mutter.
Vater wieder verheiratet, zwei weitere Kinder 8 und 5 Jahre alt und Ehefrau, die nicht berufstätig ist.
Nettoeinkommen:
Vater 1.900,- Euro
Mutter 1.650,- Euro
zusammen 3.550,- Euro.
Nach DüsseldorferTabelle hätte der Auszubildende einen Bedarf von 702,- Euro
hiervon ist der Ausbildungsbetrag nach Abzug einer sogenannten Ausbildungsmehrbedarfspauschale von 90,- Euro abzuziehen* und das Kindergeld welches an ihn auszuzahlen ist.
Bedarf nach DT 702,- Euro
Bereinigte Ausbildungsvergüttung (400-90) - 310,- Euro
Kindergeld - 190,- Euro
Verbleibender Bedarf 202,- Euro
Haftungsquote:
Beim Vater werden zunächst die vorrangig Berechtigten berücksichtigt, je nach Leitlinien des zuständigen Oberlandesgericht wird der Tabellenbetrag oder der Zahlbetrag (Tabellenbetrag minus Kindergeld) abgezogen.
Laut Einkommen wäre das Einkommensgruppe drei der Düsseldorfer Tabelle, da er aber für insgesamt 4 Personen Unterhaltspflichtig ist, erfolgt eine Herabstufung in die Einkommensgruppe eins der Düsseldorfer Tabelle.
Es ergibt sich zunächst folgender Bedarf:
8 Jahre = 384,-
5 Jahre = 335,-
Ehefrau = 800,-
ergibt einen Gesamtbedarf von 1.519,-.
1900,- Euro - 1.519,- Euro = 381,- Euro, damit verbleibt ihm weniger als der Selbstbehalt, d.h. schon bei den vorrangig Berechtigten muss eine Mangelberechnung durchgeführt werden, somit ist der Vater für den Auszubildenden nicht leistungsfähig.
Mutter
1700,- Euro - 1300,- Euro (SB) = 400,- Euro
Da die Mutter leistungsfähig ist, hat sie den KU in voller Höhe zu erbringen.
Anzurechnen ist
· Der Unterhalt enthält keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, diese müssen die Eltern zusätzlich zahlen oder das Kind bei sich mitversichern.
· BAföG-Leistungen mindern im allgemeinen auch dann die Bedürftigkeit des Kindes, wenn sie lediglich darlehensweise gewährt werden (BGH, FamRZ 1985,916)
· Hat er eigenes, in der Regel durch Verwandte angespartes Vermögen, so hat er dieses Vermögen vorrangig zur Deckung seines Lebensbedarf einzusetzen ( § 1602 Abs. 2 BGB)
· Wehr- und Ersatzdienst: Leistet das volljährige Kinder seinen Wehr- oder Ersatzdienst ab, besteht in dieser Zeit in der Regel kein Unterhaltsanspruch.
Unterhaltstitel
Ist der Unterhaltsanspruch für ein minderjähriges Kind tituliert, so sind die Änderungen, die sich aus dem Erreichen der Volljährigkeit ergeben, im Wege der Abänderungsklage geltend zu machen. Das gleiche gilt, wenn der Unterhaltsschuldner sich auf eine Beschränkung oder einen Wegfall der Unterhaltsverpflichtung nach § 1611 BGB beruft. In solchen Fällen kann der Kläger von der Vollstreckungsgegenklage zur Abänderungsklage übergehen.
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Ein Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 28.06.1999
Es ist zwar anerkannt, daß Jugendamtsurkunden nach § 49 JWG unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Titulierung für den Zeitraum nach Eintritt der Volljährigkeit beinhalten können (vgl. LG Kleve, FamRZ 1991, 357; OLG Zweibrücken FamRZ 1992, 840, Jans/Happe, JWG, Kommentar, Stand August 1988, Erläuterung zu § 49, Anm. V 3. C). Ergibt sich aber aus der Urkunde durch genaue Datumsangaben eindeutig und zweifelsfrei, daß eine zeitliche Beschränkung auf den Zeitraum bis zur Volljährigkeit gewollt ist, wird der anerkannte Unterhaltsbetrag ausdrücklich als Regelunterhalt im Sinne des § 1615 f BGB bezeichnet und entspricht er der Höhe nach dem Regelunterhalt, dann ist von einer zeitlich befristeten Geltung des Unterhaltstitels auszugehen.
OLG Ffm vom 28.06.1999 unter Az. 3 WF 149/99
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Kindergeld
Anspruch auf Kindergeld besteht auch über das 18. Lebensjahr hinaus.
Das Kindergeld wird auf die Unterhaltssumme angerechnet. § 1612 b, 1612 c BGB
Auszahlung an Kinder, andere Personen oder Behörden
Wenn der Berechtigte seinem Kind, trotz bestehender Verpflichtung (Unterhaltstitel o.ä.),nachhaltig keinen Unterhalt leistet bzw. nur unregelmäßig, kann die Familienkasse
das auf dieses Kind entfallende Kindergeld auf Verlangen an das (volljährige) Kind selbst oder an diejenige Person oder Behörde auszahlen (abzweigen), die dem Kind tatsächlich Unterhalt laufend gewährt.
Das Kindergeld kann auch dann abgezweigt werden, wenn der Berechtigte seiner Unterhaltspflicht mit einem geringeren Betrag als dem anteiligen Kindergeld nachkommt.
Eine Abzweigung ist außerdem möglich, wenn wegen fehlender Leistungsfähigkeit dem Kind kein Unterhalt gezahlt werden kann.
Der Berechtigte erhält vor der Abzweigung seines Kindergeldes Gelegenheit, sich zu dem Auszahlungsantrag zu äußern.
Rangprobleme zwischen Unterhaltsberechtigten
Bei einer Mehrzahl von Unterhaltsberechtigten stellt sich die Frage:
Wer hat die größeren, die besseren, die stärkeren oder die älteren Rechte?
Minderjährige Kinder - gleich aus der wievielten Ehe - sind einander gleichberechtigt,
- § 1603 II BGB.
Das gilt nach dem Gesetz nicht, wenn die minderjährigen Kinder schon verheiratet sind
(denn diese haben dann ja Unterhaltsansprüche gegen ihren Ehepartner).
Auf der anderen Seite gilt diese Regelung auch für priviligierte volljährige Kinder und Ehefrauen.
Minderjährige Kinder, geschiedene Ehefrau und die neue Ehefrau sind grundsätzlich den volljährigen (nicht priviligierten) Kindern vorrangig.
Kann der Unterhalt verwirkt werden?
Das volljährige Kind kann den Unterhaltsanspruch ganz oder teilweise verlieren,
wenn es während der Volljährigkeit insbesonders:
seine Bedürftigkeit aufgrund sittlichen Verschuldens herbeiführt, (§ 1611 Abs. 1 BGB)
die Eltern tätlich angreift, sie grob beleidigt oder schwer bedroht,
die Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern schwer vernachlässigt hat.
Keine Verwirkungsgründe allein sind die Verweigerung des Kontakts zu den Eltern oder Spannungen.
Das volljährige Kind ist verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, kommt es dieser Arbeitspflicht aber nicht nach, so entfällt sein Unterhaltsanspruch ebenfalls.
*Abweichungen in den verschiedenen Unterhaltsrechtlichenleitlinien der OLGs möglich
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